Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit!
Liebe Leserin, lieber Leser,
in der Kunst liegt oft ein Wunder. Das Wunder des Betrachtens. Vor einiger Zeit entdeckte ich für mich die Bilder des französischen Malers Yves Klein, die aus nichts als aus einer unendlichen blauen Farbfläche bestehen. Der Betrachter, die Betrachterin versinkt in diesem Blau und vergisst dabei oft alles um sich herum. Ein ist wunderbares Gefühl, ganz Anschauung und Gefühl zu sein und alle derzeitigen Sorgen, Probleme und Nöte infolge der Corona-Pandemie scheinbar für einen Moment zu vergessen.
Ähnlich versinkt Paulus am Ende des 11. Kapitels des Römerbriefes im Rückblick auf die Geschichte Gottes mit Israel. Für einen Moment scheint es, als ob er das Wesen der Dinge erkennt. Alles fügt sich und gibt Sinn: »Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge!« Doch dieses Bild gestattet keine distanziert wohlwollende Betrachtung von Gott. Im Gegenteil
»Der Gott, zu dem alle Dinge geschaffen sind, ist ein Gott der Tat, und wenn wir von seinem Wesen und Wirken etwas gespürt haben, so treibt es uns gleichfalls zur Tat.«, schrieb einst der Theologe Rudolf Bultmann. Ich vermute, genau das spürte Paulus auch, als er die Worte unseres heutigen Losungsverses in seinem Brief an die Christen in Rom niederschrieb.
Paulus spürt den aus Liebe handelnden Gott und es drängt ihn zum Handeln: singen, jubeln, Gott loben. Da dies in großer Gemeinschaft derzeit coronabedingt leider nicht möglich ist, würde ich einer Empfehlung des Theologen Wilhelm Stählin folgen: „Die angemessene Form von Gott zu reden, ist überhaupt nicht irgendeine Weise, über Gott zu reden, sondern die Anbetung, die in tiefer Ehrfurcht und Demut Gott die Ehre gibt.“
Was hat Paulus also eigentlich gedacht oder gesehen, als er diese etwas verschachtelt klingenden Worte unseres heutigen Losungswortes niederschrieb? „Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit!“ Erkennt er, dass er eigentlich nichts erkennen kann? Es scheint ja wie bei den blauen Bildern von Yves Klein zu sein: Sie zeigen nichts und doch ist da eine Ahnung von Offenbarung. Paulus erkennt seine eigene Bedeutungslosigkeit gegenüber dem unendlichen, großen Gott und seinem Wirken.
Der Theologe und Philosoph Friedrich Schleiermacher muss vermutlich ähnlich empfunden haben. Religion war ihm „Anschauung und Gefühl“: Sinn und Geschmack für das Unendliche – und ein Begreifen, wo dabei der eigene Platz ist. Der Glaube als „Herzensreligion“, die sich im Lob Gottes mitteilt und zum „Amen“ führt. Die andächtig glaubt und hofft: Von ihm, durch ihn und zu ihm hin.
Einen gesegneten Tag wünscht,
Ihr Pfr. Paul-Gerhard Feilcke

