Du sollst den Fremden lieben wie dich selbst.
Vertrauen in Femdartiges
Liebe Leserinnen & Leser,
im Englischen bedeutet das Wort »strange« einerseits »fremd«, andererseits auch »sonderbar«, »merkwürdig«. Durch diese Doppeldeutigkeit wird deutlich zum Ausdruck gebracht, wann wir einen Menschen als »fremd« empfinden: wenn er Eigenschaften zeigt, die unseren Gewohnheiten und Maßstäben nicht entsprechen.
Einen Menschen ins Herz schließen fällt oft leichter, wenn man Vertrautes an ihm wiederfindet. Einen Fremden zu lieben erscheint deshalb umso schwerer. Wenn wir aber zu einem Menschen nicht nur eine oberflächliche, sondern eine tiefe, verbindende Liebe empfinden, liegt es dann nicht meistens daran, dass wir uns auf seine Ecken und Kanten eingestellt haben und diese nicht mehr missen wollen? Gerade sie bereiten uns zwar anfangs Mühe, hinterlassen aber auf längere Sicht eine Spur in unserem Herzen.
Das heutige Losungswort aus dem dritten Buch Mose ist eine Aufforderung an die Menschen, sich den weniger vertrauten Eigenschaften ihrer Mitmenschen zu öffnen, damit diese am Ende uns selber bereichern. Wir sollten nicht uns selbst als das Maß aller Dinge betrachten, sondern unsere Maßstäbe – gerade in diesen jetzt außergewöhnlichen Zeiten – stets neu überdenken und verändern. Diese Botschaft ist heute aktueller denn je, da wir immer mehr Menschen werden, die miteinander auf einem gewissen Raum leben und miteinander zu tun haben.
In diesem Sinne wünsche ich es uns, dass Gottes guter Geist unter uns wohne und uns einander zum Segen lassen werde,
Ihr Pfr. Paul-Gerhard Feilcke

