So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit.
Liebe Leserin, lieber Leser,
zum Lernen ist es nie zu spät. Dass sagt bekannterweise der Volksmund. Das erlebte eine 95-jährige spanische Frau vor zwei Jahren. Sie meldete sich zu einem Volkshochschulkurs an, den ihre Heimatstadt für Analphabeten angeboten hatte. Sie wollte lesen und schreiben lernen. Der Grund: ihr Sohn war ins Ausland gezogen und die alte Dame wollte sich weder von ihren Verwandten noch von ihren Nachbarn weiter die persönlichen Briefe schreiben bzw. vorlesen lassen.
So bildete sich die alte spanische Frau noch im hohen Alter weiter, um eine für sie wichtige Beziehung zu pflegen. Sie wollte nicht länger hinnehmen, dass ihre liebste Beziehung nur durch Dritte aufrecht erhalten werden konnte. Mit Blick auf diese Geschichte habe ich mich ernsthaft selbst angefragt: Wenn schon diese Frau scheinbar keine Mühen für das Aufrechterhalten der Beziehung zu ihrem Sohn scheut, wie viel mehr sollte ich dann keine Mühe scheuen, die wichtigste Beziehung, die ein Mensch haben kann, zu pflegen?
Es ist die Beziehung zu Gott, unserem Vater im Himmel. Er hat uns nicht nur gewollt. Er kennt uns durch und durch. Von dem Glauben an ihn hängt nicht nur der Sinn unseres zeitlichen Daseins hier auf Erden ab, sondern auch ob der Gedanke eines ewigen Seins bei Gott für uns Sinn macht. Gott hat durch seine „gewaltige Hand“ eigentlich alles aus dem Weg geräumt, was uns hindert, mit ihm eine echte, tiefe und vertrauensvolle Beziehung zu entwickeln.
Er ist aber auch gleichzeitig ein guter Schulmeister. Wir lernen oft zwangsweise, vielleicht gerade jetzt in diesen Tagen der Corona-Pandemie ganz neu, dass wir nicht alle Dinge des Lebens in der eigenen Hand haben. Wir haben Grenzen und kommen derzeit auch oft an dieselben. Das voller Übermut nicht wahrhaben zu wollen, sondern meine eigenen Grenzen bewusst wahrzunehmen und anzuerkennen, das lässt mich eine Gemeinschaft, eine Beziehung entdecken, in der ich für das Wirken Gottes durch seine Wegweisung und Leitung offen bin. Gott selbst ist es, das will uns Petrus sagen, der von uns das Befolgen guter Wege und das sich Einlassen auf eine Leitung durch ihn erbittet. Allein Gott ist es aber auch, der uns dann auch erhöhen, dass heißt uns den Segen für diese Lebenshaltung schenken kann.
Lassen wir uns doch immer wieder neu so auf Gott ein. Dafür ist es nie zu spät, wie uns die Geschichte der alten spanischen Frau zeigt.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Wochenstart.
Ihr Pfr. Paul-Gerhard Feilcke

