Hat denn Gott sein Volk verstoßen? Das sei ferne!
Gottes Volk
Liebe Leserinnen & Leser,
»Wir sind das Volk!« haben Hunderttausende vor nun schon fast 32 Jahren in der damaligen DDR begeistert gerufen. Damit begann die Wende. Die Mauer fiel am 09. November 1989 und knapp ein Jahr später, am 03. Oktober 1990, war das seit dem 13. August 1961 zweigeteilte Deutschland wieder vereint. Heute können sich das viele junge Menschen in unserem Land gar nicht mehr richtig vorstellen. Darum ist es gut, wenn wir an Geschichte erinnern, um unsere Geschichte überhaupt zu verstehen.
»Wir sind das Volk!«, haben auch immer wieder in den frühesten Zeiten der christlichen Kirche Christen gemeint, nachdem die Juden seinerzeit Jesus nicht als Christus anerkannt hatten.
Dieser Haltung ist damals wie heute eine klare Absage zu erteilen. Genau das tut auch Paulus in seinem wohl bedeutendsten Brief an die Christen in Rom. Er selber ist Jude und hat bekanntlich die Christen zu Anfang mit aller Macht verfolgt. Er sagt nun, dass das Volk Israel Gottes auserwähltes Volk bleibt, obwohl es in Jesus nicht den erwarteten Retter sah.
Einige Jahrzehnte später, im Jahre 70 n. Chr., wurde der Tempel in Jerusalem zerstört. Die Juden wurden in alle Welt zerstreut. Die kleine christliche Gemeinde wuchs weiter. Unter dem römischen Kaiser Konstantin wurde der christliche Glaube sogar als offizielle Religion anerkannt. Die Christen im Römischen Reich nannten ihre Gemeinde jetzt die »ekklesia«, die Schaar der Herausgerufenen, oder auch die Kirche, die »kyriakä«, das Haus des Herrn.
Die Geschichte bis in unsere heutigen Tage sollte uns auch dieser Tage aufzeigen, da Antisemitismus und Judenhass – nicht zuletzt durch den Anschlag in Halle (Saale) – wieder Nährboden gewinnen, dass Juden wie Christen zu dem ursprünglich erwählten Volk Gottes gehören. Als Gemeinde Jesu sollten wir uns dessen gerade auch in dieser Zeit der Corona-Pandemie bewusst bleiben und füreinander einstehen. Wir sollten dankbar sein, dass wir gemeinsam Kinder Gottes sind und einander als Gottes Volk ansehen.
Gott schenke uns die Bescheidenheit und zugleich die Gewissheit, dass wir zu ihm gehören, als sein Volk – auch und gerade in diesen Zeiten.
Ihr Pfr. Paul-Gerhard Feilcke

