Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde. Wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da. Die Gnade aber des Herrn währt von Ewigkeit zu Ewigkeit.
DAS TOTE DORF!
Liebe Leserinnen & Leser,
innerhalb von nur drei Wochen war das malerisch gelegene Dorf zu räumen. Alle 120 Familien mussten bei Verwandten Unterschlupf finden – kein leichtes Unterfangen im August 1946. Doch die britische Militärregierung wollte das Gebiet, in dem Wollseifen seit dem 12. Jahrhundert einsam gestanden hatte, als Truppenübungsplatz nutzen. Alle Häuser wurden in Brand geschossen. Heute ist das Gebiet Teil des Nationalparks Eifel. An das ehemalige Dorf erinnern nur die Kirchenruine und einige Schautafeln. Auf den Tafeln sieht man Bilder von spielenden Kindern und von Familien bei der Heuernte. Was muss es für diese Menschen bedeutet haben, die Heimat zu verlassen und zu wissen, dass ihr Dorf, wie sie es seit Generationen kannten, dem Erdboden gleichgemacht werden würde! Heute grasen dort Hochmoorschafe, und es gibt kaum noch jemanden, der vom Leben, Lieben und Arbeiten der Menschen, die hier jahrhundertelang gelebt haben, erzählen könnte.
Als ich diese Geschichte las, hielt ich kurz inne und fragte mich vor dem Hintergrund unserer derzeitigen Lebenssituation durch das Corona-Virus: Wie unbeständig ist das Leben doch! Wie schnell kann etwas vergehen, was eben noch beständig erschien! Auf einer Beisetzung am gestrigen Montag in unserer Nachbarkirchengemeinde in Eimen, auf der anderen Hilsseite, wurde mir die Aktualität dieses Gedankens direkt vor Augen geführt. Was geschieht, wenn eine geliebte Person, deren Lebensweg man über viele Jahre hinweg mit begleitet hat, plötzlich nicht mehr da ist? Was geschieht, wenn nach vielen Generationen plötzlich ein Haus leer steht bzw. ein Hof nicht mehr weitergeführt wird? …
Unser Pfarrhaus in Delligsen wurde von 1908 bis 1910 erbaut. Doch über das Leben seiner ersten Bewohner weiß ich eigentlich so gut wie gar nichts. All diese Gedanken machen mir neu bewusst: Ein menschliches Leben ohne Ewigkeitsbezug, ohne Auferstehungshoffnung, ohne eine Dimension über das Irdische hinaus – da fehlt etwas. Vielleicht sollten wir uns dieser Tatsache stellen und gerade dieser Tage, auch mit Blick auf unsere älteren und kranken Mitmenschen viel die Hoffnung und den Glauben an das »Leben nach dem Leben« in den Blick nehmen. Was können wir denn schon verlieren? Der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal (1623-1662) meinte hierzu: »Ich setze auf Gott. Wenn es ihn nicht gibt, dann werde ich das nicht erfahren. Wenn ihn gibt, dann bin ich angenehm überrascht, dass er doch da ist.«
Ich wünsche es Ihnen, dass Sie im Glauben an Gott hoffnungsvoll über dieses Leben und sogar darüber hinaus denken können. Gott segne Sie.
Ihr Pfr. Paul-Gerhard Feilcke

