Überwundene Bitterkeit!
Liebe Leserinnen & Leser,
Conrad Ferdinand Meyer (1825 – 1898), ein Schweizer Dichter zur Zeit des Realismus, erzählt in seinem Gedicht »Die Füße im Feuer« von der beherrschenden Gestalt eines adligen Burgherrn. Ausgerechnet in seiner Burg suchte in einer Unwetternacht der königliche Gesandte Zuflucht, der in der Hugenottenverfolgung (Das war ab 1540 der Name für protestantische Christen in Frankreich.) des Burgherrn Frau qualvoll umgebracht hatte. Es war eine schreckliche Nacht für den Mörder. Er wusste nicht, ob er beim Hereinlassen in die Burg erkannt worden war. Als am nächsten Morgen der Burgherr in sein Zimmer trat, hatte dieser über Nacht schlohweiße Haare bekommen. Er hatte den Mörder erkannt. Aber er wollte den heimtückischen Mord an seiner Frau nicht rächen. Nur mühsam konnte er erklären: »Meinem großen König bleib ich treu ergeben. Doch heute ward dieser Dienst mir schwer!«
Das übersteigt Menschenkraft, Gram und Hass. Der Burgherr ist ein Vorbild an Selbstbeherrschung. Doch Paulus spricht in unserem heutigen Losungswort von noch mehr. Nicht nur Zügelung ist nötig, sondern alles Bittere, Schwere und Böse muss überwunden werden. Wie soll das möglich sein?
Am gestrigen Sonntag las ich in einer aktuellen Wochenzeitung einen Artikel, wie sehr derzeit nach einer Forsa-Meinungsumfrage in unserem Land der Neid Menschen zerfrisst. Der Neid darauf, das Andere ihre Impfungen gegen das Corona-Virus erhalten und man selber nicht. Wie soll es möglich sein, alle Unverständnis, alle Probleme und Sorgen des Alltags zu überwinden? Wodurch soll das gehen? Paulus sagt es uns: es ist eigentlich nur möglich durch den, der uns von je her geliebt hat. Gemeint ist Jesus Christus. Als er ans Kreuz ging, woran wir vor wenigen Wochen an Karfreitag gedacht haben, lag alle Empörung, alle Schmähung und aller Hass gegen den lebendigen Gott auf ihm. Aber Jesus hat das alles ertragen, hat keine Hass- oder gar Neidgefühle hochkommen lasse. Er hat uns Menschen in unserer Schuld, unserem Versagen und unseren Problemen geliebt. Das wird man nie ganz fassen und verstehen können. Wir können dieses Wunder erbarmender Liebe nur immer wieder neu bestaunen und dankbar dafür sein. Wer diese Liebe Jesu, gerade dieser Tage erkennt, der hat festen Boden unter den Füßen. Wir können uns von all den derzeit bitteren, ungerechten und problematischen Dingen in unserem Land das Leben und den Alltag vergiften lassen. Oder wir wenden uns mit der Bitte um Hilfe und Kraft, der uns immer und überall liebevoll zur Seite steht und von dem schon Martin Luther gedichtet hat: »Ein feste Burg ist unser Gott.«
Einen guten Start in die neue Woche wünscht Ihnen,
Ihr Pfr. Paul-Gerhard Feilcke

