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07.04.2025

Delligsen vor 80 Jahren befreit

Am 7. April 1945 gegen 13.00 Uhr rollten die ersten amerikanischen Panzer durch Delligsen

Lore Wegener berichtet in ihrem Beitrag „Geschichte der Delligser Kirche“ über die Ereignisse am und um den 7. April 1945:

„1945 rollten am Sonnabend nach Ostern, am 7. April, die ersten amerikanischen Panzer durch Delligsen, auch Sonntag, den 8. 4., und an den folgenden Tagen rollten ununterbrochen Panzer durch das Dorf. In den letzten Tagen, bevor die Amerikaner kamen, hetzten viele deutsche Offiziere und Soldaten durch unseren Ort. Etliche Frauen wurden von denen, die auf der Flucht waren, die Fahrräder gestohlen.

Auch hatten wir, wie im Pfarrhaus, gleich 15 amerikanische Soldaten über Nacht im Haus, die sich sehr ordentlich betrugen.

Pastor Knoch schrieb: “Unbesonnene Elemente hatten die Absicht gehabt, den Ort zu verteidigen, glücklicherweise wurde das durch besonnene Leute verhindert.“

Bei einer Verteidigung wäre unser Ort verloren gewesen. Die Amerikaner erzählten mir, daß sie genau gewußt hatten, daß sich hier im Ort ein großer Rüstungsbetrieb befände, den sie am 8. April durch Bomben oder Beschuß zerstört hätten. Die Zerstörung Delligsens war schon geplant. Aber wir kamen gut davon, indem der Ort nicht durch den „Volkssturm“, dem alte Menschen und halbe Kinder angehörten, verteidigt wurde.

Der damalige Ortsbauernführer Ernst Lorberg war den anrückenden Truppen entgegengeeilt und erklärte, daß die Einwohner und der Volkssturm keinen Widerstand leisten würden, worauf der amerikanische Kommandant beruhigende Erklärungen abgegeben hätte.“

Quelle: „Geschichte der Delligser Kirche – Chronik aus Anlass der Jubiläumsfeier 1890-1990“ - Chronik aufgeschrieben aus Anlass der Jubiläumsfeier am 16.09.1990 zu 100jährigen Wiederkehr der Einweihung des Kirchenschiffs
Herausgeber: Ev.-luth. Kirchengemeinde Delligsen
Einige wenige Restexemplare sind noch im Pfarramt Delligsen vorhanden und können käuflich erworben werden.

Noch einige Gedanken vom Kirchenvorstandsvorsitzenden Carsten Schillert zu den Ereignissen vor 80 Jahren in Delligsen.

Der erfreuliche Ablauf des Kriegsendes in Delligsen macht demütig. Der Blick darf nicht nur auf das friedvolle Ende in unserem Ort beschränkt bleiben.

Der Krieg und das Leiden war für viele Menschen am 7. April noch nicht beendet. Viele Soldaten und Zivilisten mussten noch ihr Leben bis zum Kriegsende am 8. Mai geben. Unzählige KZ-Insassen, die am 7. April noch am Leben waren, haben die Befreiung von Bergen-Belsen, Buchenwald und Dachau nicht erleben dürfen.

Darunter war auch Pfarrer Dietrich Bonhoeffer. Er wurde am 9. April auf Verfügung von Adolf Hitler zum Tode verurteilt und im KZ Flossenbürg ermordet.

Einige weitere Ereignisse aus dem April 1945:
11. April Befreiung des KZ Buchenwald durch die US Armee
15. April Befreiung des KZ Bergen-Belsen durch Britische Truppen
16. April Beginn der Schlacht um die Seelower Höhen
16. April Schließung des Belagerungsrings um Breslau
23. April Beginn der Schlacht um Berlin
24. April Befreiung des KZ Flossenbürg durch die US Armee, zuvor hat die SS über 20.000 Häftlinge auf einen Todesmarsch in Richtung des KZ Dachau geschickt
29. April Befreiung des KZ Dachau durch die US Armee

Am Schicksal von Polle an der Weser wird deutlich, was einem Ort und seinen Bewohnern passierte, wenn der Ort von Fanatikern „verteidigt“ wurde. Der Täglicher Anzeiger Holzminden hat in einer dreiteiligen Reportage in den Ausgaben am 28.03.2020, 30.03.2020 und 31.03.2020 über die letzten Kriegstage und das Kriegsende im Landkreis Holzminden berichtet. Die sinnfreie Verteidigung in Polle verzögerte die Weserüberquerung an dieser Stelle um einige Stunden, forderte zahlreiche Menschenleben und führte zur Zerstörung von vielen Gebäuden in Polle.

Das Leid von Flucht und Vertreibung der Deutschen in Pommern, Schlesien und Ostpreußen war für viele Betroffene noch lange nicht beendet.

Für einige deutsche Kriegsgefangene endete die Unfreiheit erst 1955. Bundeskanzler Konrad Adenauer gelang die „Heimkehr der Zehntausend“ durch erfolgreiche Verhandlungen im September 1955 in Moskau.

Seien wir froh und dankbar für das Kriegsende in Delligsen und unser Leben in Frieden und Freiheit.

 

Ehrenmal in Delligsen

Geschichte der Delligser Kirche

Grabstein vom Ehepaar Knoch auf dem Delligser Friedhof

Pastor Friedrich Knoch (Pfarrer in Delligsen von 1908 bis 1946)