Hiob sprach zu Gott: Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen. Aber nun hat mein Auge dich gesehen. Darum gebe ich auf und bereue in Staub und Asche.
Liebe Leserin, lieber Leser,
der gläubige Mensch Hiob, der schon so viel mit Gott erlebt hat, lernt Gott im Laufe einer großen Lebenskrise neu kennen. Verlorener Besitz und persönliches Leid haben ihm, seiner Familie sowie seinen Glauben schwer erschüttert. »Hiobsbotschaften« sagen wir heute noch, wenn großes Unglück oder Unheil über jemanden hereinbricht.
Versuche, diese Ereignisse zufriedenzustellend oder gar in Gänze zu erklären, scheitern oft und helfen nicht wirklich weiter. In der Geschichte von Hiob machen seine Freunde mit ihren seelsorgerlichen Ratschlägen Hiobs Leiden gar noch größer.
Die derzeitige Situation vieler Menschen in unserem Ort und in unserem Land hat mich gelehrt, nicht zu schnell nach rechtfertigenden Erklärungen zu suchen, wenn ich von Problemen oder dem Leid anderer erfahre. Gut gemeinte Ratschläge und Antworten helfen dieser Tage oft nicht wirklich weiter. Wenn beispielsweise der Job auf der Kippe steht, wenn Beziehungen unter den Folgen des Lockdowns leiden. – Doch zurück zu unserem Losungswort: Es sind Worte, von Hiob selbst gesprochen. Hiob spricht erstaunlicherweise erst selbst, nachdem alle verstummt sind. Und dann spricht er nicht davon, wie heftig und schwer Leid, Unglück und Not ihn getroffen haben. Nein, er spricht davon, wie er Gott neu erlebt hat in dieser Zeit. Ich beginne, beim Lesen der Zeilen vor unserem Losungswort im 42. Kapitel des Hiobbuches, neu zu staunen. Ich beginne mich selbst anzufragen: Erinnere ich mich auch an solche Situationen, wo ich Gott ganz neu kennengelernt habe? Durch einschneidende Ereignisse? Durch andere Personen? Es können schwierige Momente sein, in denen unser Glaube erschüttert wurde. Doch gerade dann kann uns Gott neu begegnen als der, der trägt und hält.
Hiob und seine (Leidens-)Geschichte zeigen mir heute neu: Wir können darauf vertrauen, dass selbst wenn wir Gott nicht verstehen, er uns nicht im Stich lässt.
Gott kann uns seine Kraft und eine neue Sichtweise schenken. Vielleicht kann uns das sogar soweit helfen, dass wir wie Hiob, am Ende die Erfahrungen von Schmerz, Verzicht, Verlust und Leid in einem anderen Licht sehen. Und ich glaube fest, so können wir mit unserem Glauben und unseren neuen Gotteserfahrungen auch zur Hilfe für Andere werden. Gerade in diesen Tagen.
Darum: Ich bitte dich Gott, lass mich in dieser Zeit offen bleiben für neue Erfahrungen deiner tröstenden und helfenden Nähe. AMEN!
Einen gesegneten Tag & ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Ihr Pfr. Paul-Gerhard Feilcke

