Suche

Nachrichten Ansicht

News

09.01.2021

GOTTES WORT ZUM TAGE - 09.01.2021

Das Losungswort steht im Matthäus Evangelium Kapitel 20, Verse 10-20

Als die Ersten kamen meinten sie, sie würden mehr empfangen. Und sie empfingen auch ein jeder seinen Silbergroschen. Und als sie den empfingen murrten sie gegen den Hausherrn und sprachen: „Diese Letzten haben nur eine Stunde im Weinberg gearbeitet, doch du hast sie uns gleichgestellt, die wir des Tages Last und die Hitze getragen haben.

Liebe Leserin, lieber Leser,

fast ist es mir etwas peinlich, aber ich wage dennoch diese Frage an sie zu stellen: Haben sie sich in letzter Zeit ungerecht behandelt gefühlt?

Nach der in dieser Woche stattgefundenen Verlängerung des Lockdowns bis Ende Januar, habe ich Statements verschiedener Personen im Fernsehen und in Zeitungen gesehen und gelesen, die ihren Ärger und ihren Frust über die derzeitige Situation zum Ausdruck gebracht haben. Was bleibt vielen Berufszweigen und Existenzen in unserem Land derzeit übrig, als zu warten, zu hoffen und mit dem Verweis auf ihre Lage dafür mit zu ringen, dass irgendwann zumindest wieder ein Stück Normalität in den Alltag zurückkehrt. Wann das allerdings sein wird, wagen derzeit viele nicht zu mutmaßen.

So vieles findet im Moment fernab jeglicher Gewohnheit und Regelmäßigkeit statt. Fernab jeglicher Gewohnheit und Regelmäßigkeit scheint auch der Ausgang der Geschichte Jesu von den Arbeitern im Weinberg zu sein. Mein erster Eindruck ist der, dass der Arbeitgeber die Menge der Arbeit die er vergeben hat falsch einschätzt. Den ganzen Tag über, so erzählt es uns Jesus, ist er damit beschäftigt, weitere Leute für die Arbeit in seinem Weinberg anzuwerben. Die ersten, die er in der Frühe des Tages anstellt, sind so selbstbewusst, dass sie ein entsprechendes Honorar mit dem Weinbergbesitzer aushandeln. Die dann im weiteren Verlauf des Tages eingestellten Arbeiter tun dies nicht. Sie warten schon Stunden auf Arbeit. Das scheint der Besitzer auszunutzen. Keine Verhandlung mehr, stattdessen die vage Zusage: „Ich will euch geben, was recht ist.“ Was der Weinbergbesitzer dann schließlich zu den zuletzt Eingestellten sagt klingt schon fast ziemlich unverschämt: „Was steht ihr den ganzen Tag müßig da?“ Als ob sie selbst an der Misere schuld seien. Das klingt ja wie, als wenn ich heute zu den vielen Corona-Kranken sagen würde: „Könntet ihr Kranken denn nicht endlich wieder gesund werden?“ Unverschämt, anmaßend, herabwürdigend würde das ankommen. Die Menschen, die heute solche Fragen hören, sind verständlicherweise tief getroffen und trauen sich dann meist gar nicht mehr, nach einem Happyend oder wie in unserer Geschichte nach einem Lohn zu fragen. Dabei müssten sie eigentlich beides in voller Summe bekommen. Ich verstehe den Weinbergbesitzer hier nicht ...  

Am Ende der von Jesus erzählten Geschichte gibt es für beides Geld. Für das Warten, Bangen und Hoffen ebenso wie für das Geschaffte und Erreichte. Gregor von Nazians, im 4. Jahrhundert Bischof von Konstantinopel, sieht in solcher Entlohnung Gott am Werk. Gott würde, seiner Meinung nach, eben auch klaren Willen und gute Absichten berücksichtigen. Ich glaube, Jesus will uns am Ende der Geschichte von den Arbeitern im Weinberg noch mehr sagen. Im Weinberg des Herrn, der ein Bild für den Glauben und das Leben nach und mit dem Glauben an Christus ist, werden die lange Zeit vergeblich Wartenden nicht nur berücksichtigt, sondern ausgezeichnet – und das vor allen anderen. Will heißen: es ist im Leben nie zu spät, den Glauben an Jesus zu entdecken und danach zu leben. Diese Botschaft lähmt mich nicht. Im Gegenteil, sie gibt mir Auftrieb, gerade jetzt, in diesen Zeiten.  

Ihr Pfr. Paul-Gerhard Feilcke